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Vollstreckung nach Erteilung der Restschuldbefreiung bei Anmeldung einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung und Widerspruch gegen das Privileg

BGH Beschluss vom 03.04.2014 – IX ZB 83/13

Nach einer klarstellenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht ein Widerspruch des Schuldners einer Vollstreckung nur dann entgegen, wenn er gegen die angemeldete Forderung als solche gerichtet ist. Wendet sich der Widerspruch des Schuldners hingegen nur gegen den Rechtsgrund einer vorsätzlich unerlaubten Handlung, ist der Gläubiger gem. § 201 Abs. 2 Satz 1 InsO berechtigt, auf der Eintragung in die Tabelle die Vollstreckung gegen den Schuldner zu betreiben.

Im zu entscheidenden Fall hatte eine Krankenkasse ihre Forderung als Deliktforderung wegen Nichtabführung von Sozialversicherungsanteilen zur Tabelle angemeldet. Der Schuldner hatte Widerspruch nicht gegen die Forderung als solche, sondern den Rechtsgrund als vorsätzlich unerlaubte Handlung erhoben. Später ist dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt worden und die Gläubigerin beantragte die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Tabellenauszuges. Widerspricht der Schuldner im Prüfungstermin einer nichttitulierten Forderung, kann der Gläubiger nach § 184 Abs. 1 InsO Klage auf Feststellung einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung erheben, ohne dass er dabei an die Einhaltung einer Klagefrist gebunden ist. Die Klage kann also insbesondere auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens noch erhoben werden. Der Antrag, festzustellen, dass die zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung nichtgezahlter Sozialversicherungsbeiträge auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht, gehört vor die ordentlichen Gerichte, auch wenn die Höhe der öffentlich-rechtlichen Beitragsforderungen im Streit ist. Der Widerspruch des Schuldners kann sich gegen die Anmeldung insgesamt oder im Interesse der Restschuldbefreiung nur gegen den behaupteten Rechtsgrund des Vorsatzdeliktes richten. In vielen Fällen werde die angemeldete Forderung als solche von dem Schuldner nicht bestritten werden können; Widerstand werde er nur gegen deren Einordnung als aus einer vorsätzlich unerlaubten Handlung herrührend leisten wollen. In diesem Falle müsse er nicht einen gegen die Forderung insgesamt gerichteten Widerspruch erheben.

Richtet sich der Widerspruch des Schuldners – wie im Streitfall – nicht gegen die Forderung als solche, sondern allein gegen den Rechtsgrund der unerlaubten Handlung, sei dem Insolvenzgläubiger nach § 201 Abs. 2 Satz 1 InsO die begehrte vollstreckbare Ausfertigung aus der Insolvenztabelle zu erteilen.

Der Widerspruch stehe zwar der Feststellung der Forderung nicht entgegen, jedoch hindere er eine Vollstreckung aus der Tabelle, solange er nicht durch ein entsprechendes Feststellungsurteil beseitigt worden sei. Diese Rechtsprechung sei dahin klarzustellen, dass ein Widerspruch des Schuldners nur dann der Vollstreckung entgegenstehe, wenn er gegen die angemeldete Forderung als solche gerichtet worden sei. Wende sich der Schuldner hingegen nur den Rechtsgrund einer vorsätzlich unerlaubten Handlung, sei der Gläubiger gem. § 201 Abs. 2 Satz 1 InsO berechtigt, aus der Eintragung in die Tabelle die Vollstreckung gegen den Schuldner zu betreiben.

Der Schuldner kann sich, falls der Gläubiger aus der vollstreckbaren Ausfertigung aus der Tabelle die Zwangsvollstreckung gegen ihn betreibt, im Wege der Vollstreckungsgegenklage zur Wehr setzen.

Im Rahmen dieser Klage ist sodann festzustellen, ob der Anspruch tatsächlich aus dem vom Gläubiger angemeldeten Rechtsgrund vorsätzlich unerlaubten Handlung beruht, der die Forderung gem. § 302 Nr. 1 InsO von der Restschuldbefreiung ausnimmt. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen dieses Rechtsgrundes trägt der Gläubiger.