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Wann muss man einen Insolvenzantrag stellen – Update 2021

Forderungsausfall, Umsatzeinbruch, Liquiditätsprobleme? Wann müssen Sie einen Isolvenzantrag stellen? Der Gesetzgeber hat die Insolvenzgründe und die Antragspflichten neu definiert.

Antragspflicht

Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Geschäftsführer ohne schuldhaftes Zögern einen Insolvenzantrag zu stellen.

Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen.

Die Frist beginnt nicht mit Kenntnis des Geschäftsführers vom Insolvenzgrund (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung), sondern sie beginnt, wenn der Insolvenzgrund objektiv vorliegt. Der Antrag muss ohne schuldhaftes Zögern gestellt werden.

Die drei oder sechs Wochen dürfen nur ausgeschöpft werden, wenn bis zum Ablauf der drei Wochen eine rechtzeitige Sanierung der Gesellschaft ernsthaft zu erwarten ist.

Insolvenzgründe

Die Antragspflicht besteht nur wenn Zahlungsunfähigkeit oder Übeschuldung eingetreten ist. Was ist das?

Zahlungsunfähigkeit

Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn über einen Zeitraum von drei Wochen mindestens 10 % der fälligen Verbindlichkeiten nicht beglichen werden können. Die Überprüfung erfolgt mittels eines Liquiditätsstatus. Hier werden die verfügbaren Zahlungsmittel und die fälligen Verbindlichkeiten gegenübergestellt. Sollte eine entsprechende Liquiditätslücke vorhanden sein, wird mittels Finanzplan geprüft, wie sich die Lücke in den nächsten drei Wochen entwickelt. Ergibt sich aus dem Finanzplan, dass die Liquiditätslücke innerhalb von drei Wochen beseitigt ist, liegt keine Zahlungsunfähigkeit vor. Ist die Liquiditätslücke kleiner als 10 Prozent und in absehbarer Zeit zu beseitigen, liegt lediglich eine Zahlungsstockung vor und keine Zahlungsunfähigkeit vor. Soweit die Lücke 10 Prozent oder größer ist, liegt in der Regel Zahlungsunfähigkeit vor, wenn die Schließung nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kurzfristig erfolgt. Bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit muss ein Antrag „ohne schuldhaftes Zögern“ gestellt werden. Die Höchstfrist beträgt dabei drei Wochen.

Überschuldung

Überschuldung im Sinne von § 19 InsO liegt vor, wenn das Vermögen die Verbindlichkeiten nicht mehr deckt (rechnerische Überschuldung), es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist überwiegend wahrscheinlich (keine positive Fortbestehensprognose). Bei der Aufstellung eines Überschuldungsstatus muss sorgfältig geprüft werden, welche Positionen in den Überschuldungsstatus einzustellen sind und wie diese zu bewerten sind. Eine positive Fortbestehensprognose ist im Kern eine Zahlungsfähigkeitsprognose für einen Zeitraum von 12 Monaten. Die Höchstfrist bei Eintritt der Überschuldung beträgt sechs Wochen. Der Antrag ist auch bei Überschuldung „ohne schuldhaftes Zögern“ zu stellen.

Modifikationen im Rahmen der Auswirkungen der Covid Pandemie

Die Fortbestehungsprognose im Rahmen der Überschuldungsprüfung muss im Jahr 2021 nur vier und nicht zwölf Monate umfassen, wenn die Überschuldung auf die Corona-Pandemie zurückzuführen ist. Dies wird gesetzlich (widerleglich) vermutet, wenn

  • der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig war,
  • im Geschäftsjahr vor dem 1.1.2020 ein positives Ergebnis erwirtschaftet worden ist und
  • der Umsatz aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 30 % eingebrochen ist.

Nach § 1 III COVInsAG ist die Pflicht zur Antragsstellung in der Zeit vom 1. Januar 2021 bis 30. April 2021 ausgesetzt für Schuldner, die im Zeitraum vom 1. November 2020 bis zum 28. Februar 2021 einen Antrag auf die Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie gestellt haben. War eine Antragstellung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen innerhalb des Zeitraums nicht möglich, gilt das auch für Schuldner, die nach den Bedingungen des staatlichen Hilfsprogramms in den Kreis der Antragsberechtigten fallen. Dies gilt aber wieder nicht, wenn offensichtlich keine Aussicht auf Erlangung der Hilfeleistung besteht oder die erlangbare Hilfeleistung für die Beseitigung der Insolvenzreife unzureichend ist.

Die Regelungen des COVInsAG sollten nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Ob eine Antragspflicht besteht oder nicht sollte in jedem Fall geprüft werden, da bei Missachtung der Antragspflicht zivilrechtliche und strafrechtliche Sanktionen drohen.