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Welche Anforderungen stellt der BGH an eine positive Fortbestehensprognose?

Wenn die Sanierung nicht funktioniert hat, sehen sich Geschäftsführer häufig Haftungsansprüchen nach § 64 GmbHG ausgesetzt, die der Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren geltend zu machen hat. Nach § 64 S. 1 GmbHG sind Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die (unter anderem) nach Eintritt der Überschuldung geleistet werden.

Eine insolvenzrechtliche Überschuldung ist nicht gegeben, wenn bei rechnerischer Überschuldung eine positive Fortbestehensprognose vorliegt. In der Insolvenzordnung ist das in § 19 Abs. 2 geregelt, der lautet: Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich

Eine positive Fortbestehensprognose ist wesentlich mehr als bloße Hoffnung muss aber nicht den Anforderungen des IDW S6 entsprechen. Auch ohne ein sog. S6 Gutachten können Geschäftsführer nachweisen, dass eine positive Fortbestehensprognose bestanden hat, wenn sie die Rechtsprechung des BGH beachten. Die Kernanforderungen des BGH lauten wie folgt:

  • Das Sanierungskonzept muss von den erkannten und erkennbaren tatsächlichen Gegebenheiten ausgehen und in sich schlüssig und nicht offenkundig undurchführbar sein.
  • Sowohl für die Frage der Erkennbarkeit der Ausgangslage als auch für die Prognose der Durchführbarkeit ist auf die Beurteilung eines unvoreingenommenen (nicht notwendigerweise unbeteiligten), branchenkundigen Fachmanns abzustellen, dem die vorgeschriebenen oder üblichen Buchhaltungsunterlagen vorlagen.
  • Das Sanierungsgutachten muss eine Analyse der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens im Rahmen seiner Wirtschaftsbranche enthalten und die wesentlichen Krisenursachen erfassen.
  • Das Sanierungsgutachten muss die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage des Unternehmens zutreffend wiedergeben.
  • Das Unternehmen muss nach der pflichtgemäßen Einschätzung eines unabhängigen Dritten objektiv sanierungsfähig sein.
  • Die für die Sanierung in Angriff genommenen Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gesellschaft in überschaubarer Zeit durchgreifend zu sanieren.

Der BGH stellt außerdem fest, die Vorgaben des IDW S6 nicht erforderlich sind, was bedeutet, dass auch andere anerkannte betriebswirtschaftliche Leitlinien für die Konzepterstellung in Betracht gezogen werden können. Insbesondere bei KMU ist die Einhaltung der dort für erforderlich gehaltenen Voraussetzungen nicht immer in vollem Umfang geboten.

RA Christian Hausherr