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Unternehmenssanierung im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens in Eigenverwaltung

Bei der Eigenverwaltung bleibt die Geschäftsführung sprichwörtlich weiterhin selbst am Steuer und erhält damit quasi eine zweite Chance. Auf die Einsetzung eines Insolvenzverwalters wird verzichtet. Die Sanierung im Rahmen einer Eigenverwaltung bietet neben den Vorteilen der Sanierung im Insolvenzplanverfahren im Rahmen der Fremdverwaltung mit einem Insolvenzverwalter noch weitere Vorteile.

Ohnehin bietet die Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens Vorteile, wie die Erleichterten Möglichkeiten der Vertragsbeendigung, Liquiditätshilfen durch Insolvenzgeld und Tilgungsstopp, sowie vieles mehr. Im Eigenverwaltungsverfahren behält das schuldnerische Unternehmen darüber hinaus die Verfügungsmacht und somit auch weitgehend die Kontrolle über die Betriebsfortführung und die Sanierung des Unternehmens. Hierdurch können Know-how, Netzwerke und Vertrauen erhalten bleiben, was den Sanierungsprozess beschleunigt. Zusätzlich können negative Außenwirkungen der Insolvenz vermindert werde

Welche Fälle eignen sich für eine Eigenverwaltung ?

Die Eigenverwaltung wird nur auf Antrag angeordnet. Sie setzt voraus, dass keine Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird. Was genau hierunter zu verstehen ist, wird von den Gerichten unterschiedlich beurteilt. Nachteilig ist die die Eigenverwaltung sicherlich, wenn eine geringere Quote als im Regelverfahren zu erwarten ist, aber wohl auch schon dann, wenn der Schuldner nicht hinreichend befähigt ist. Der Begriff des Nachteils orientiert sich damit an den Gläubigerinteressen.

Die Anordnung der Eigenverwaltung ist regelmäßig sinnvoll, wenn die Betriebsfortführung und die Sanierung des Unternehmens Ziele des Verfahrens sind. Für die Eigenverwaltung geeignet sind Unternehmen, die fähig sind, neben der Fortführung des Geschäftsbetriebs auch die speziellen Anforderungen der InsO zu erfüllen, wozu umfassende wirtschaftliche und rechtliche Beratung erforderlich ist. Hierzu ist es regelmäßig erforderlich einen Experten hinzuzuziehen, der diese Aufgaben übernehmen kann. Darüber hinaus sollte das Unternehmen über eine intakte Organisation verfügen und die Buchhaltung sollte auf dem aktuellen Stand sein.

Ausschlusskriterien für eine Eigenverwaltung dürften z.B. laufende strafrechtliche Ermittlungen gegen den Schuldner oder die Geschäftsführer sein, weil hiermit das Vertrauen der Beteiligten in die Geschäftsführung geschwächt sein könnte, was wiederum Erschwernisse bei der Fortführung und Sanierung mit sich bringt.

Die gleichmäßige und bestmögliche Befriedigung der Gläubiger ist auch in der Eigenverwaltung oberstes Ziel der Insolvenzordnung. Die Geschäftsleitung muss diesbezüglich die Entscheidungskompetenz der Gläubiger (Gläubigerausschuss, Gläubigerversammlung), Verfahrensablauf und Verwertungssystematik der Insolvenzordnung akzeptieren. Im Rahmen eines Verfahrens entstehen regelmäßig auch weitere Verbindlichkeiten für Schuldner, Geschäftsführer und weitere Beteiligte in Form von Verfahrenskosten aus Bürgschaften und Haftungsansprüchen. Die Geschäftsleitung muss dies akzeptieren und ist schon deshalb gut beraten, sich möglichst frühzeitig mit der Thematik auseinanderzusetzen. Tut Sie das nicht, ist das nachteilig für die Gläubiger, weshalb eine Eigenverwaltung ausscheidet.

Vorläufige Eigenverwaltung oder Schutzschirmverfahren

Schon im Eröffnungsverfahren, also bereits mit Antragstellung, kann die vorläufige Eigenverwaltung oder das sog. Schutzschirmverfahren angeordnet werden. In beiden Verfahrensarten erarbeitet das Unternehmen einen Sanierungsplan. Beide Verfahren sind Insolvenzeröffnungsverfahren und Eigenverwaltungsverfahren, doch gibt es einige Unterschiede.

Das Schutzschirmverfahren gem. § 270b InsO ist nur zulässig, wenn das Unternehmen eine Bescheinigung von einer qualifizierten Person vorlegt, aus der sich ergibt, dass noch keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Gewissermaßen als Belohnung für die frühzeitige Antragstellung darf das Gericht vom Vorschlag des Schuldners bezüglich der Person des Sachwalters seiner Wahl nur abweichen, wenn die vorgeschlagene Person offensichtlich für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist.

Voraussetzung der vorläufigen Eigenverwaltung nach § 270a InsO ist hingegen nur, dass der Antrag auf Eigenverwaltung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Dann kann schon im Eröffnungsverfahren von der Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters abgesehen werden. Auch kann der Schuldner einen Sachwalter vorschlagen. Das Gericht ist aber nur an den Vorschlag gebunden, wenn ein einstimmiger Beschluss des vorläufigen Gläubigerausschusses vorliegt.

Der Zeitdruck des Schutzschirmverfahrens innerhalb einer Frist von 3 Monaten ein Sanierungskonzept erarbeiten zu müssen, lässt sich nutzen um einzelne querulatorische Gläubiger zu disziplinieren. In aller Regel ist aber die vorläufige Eigenverwaltung das einfachere und kostengünstigere Verfahren, um eine Sanierung durchzuführen.

Vorbereitung des Verfahrens

Eine gute und rechtzeitige Vorbereitung erhöht die Chancen auf ein positives Ergebnis. Im konkreten Fall müssen sowohl die Antragstellung als auch die Betriebsfortführung während des Verfahrens im Vorfeld geplant werden, um Verzögerungen zu vermeiden, die zum Verlust von Vertrauen bei den Geschäftspartnern und Gläubigern führen können. Die Vorbereitung sollte so erfolgen, dass auch die Wahl der Verfahrensart, also der Eigenverwaltung, und die handelnden Personen bei möglichst vielen Beteiligten akzeptiert werden. Gesellschafter, Großgläubiger, wesentlichen Lieferanten, Kunden und Arbeitnehmer müssen also mit ins Boot genommen werden, weil die Eigenverwaltung gegen deren Widerstand oder ohne deren Unterstützung mehr Nachteile als die Fremdverwaltung erwarten lässt.  

Kunden, Lieferanten und sonstige Geschäftspartner und Gläubiger stehen häufig zu einem Unternehmen, wenn eine Sanierungsperspektive vorhanden ist und das Vertrauen im Vorfeld nicht zu stark beanspruch worden ist. Kunden, die Verbraucher sind, erlangen von einer Insolvenz in Eigenverwaltung häufig nicht mal Kenntnis.

Auch das Insolvenzgericht sollte bereits vor dem Antrag einbezogen werden, um die Verfahrensart, bestimmte rechtliche Probleme und die Person des Sachwalters abzustimmen. Es ist vorteilhaft, wenn der Sachwalter das Vertrauen des Gerichts genießt, wobei die Gläubigerinteressen maßgeblich sein dürften.

Was macht der Sachwalter?

Der Sachwalter hat die Aufgabe, den Schuldner im Eigenverwaltungsverfahren zu überwachen und die Gläubigerinteressen zu wahren. Eine vertrauensvolle und offene Zusammenarbeit zwischen Sachwalter und Eigenverwalter ist eine wichtige Voraussetzung für ein positives Verfahrensergebnis. Der Sachwalter ist über alle wichtigen Umstände zu informieren. Darüber hinaus muss er, um seine Kontrollfunktion wahrnehmen zu können, Zugang zur schuldnerichen Buchhaltung, Planungsrechnungen, Kalkulationen, etc. erhalten. Die Gesaltung des Sanierungsrozesses ist nicht Aufgabe des Sachwalters, sondern Aufgabe des Eigenverwalters, wobei der Sachwalter beratend tätig ist. Stellt der Sachwalter Umstände fest, die erwarten lassen, dass die Fortsetzung der Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird, hat der den Gläubigerausschuss und das Insolvenzgericht zu informieren. Der Sachwalter ist darüber hinaus für die Prüfung der angemeldeten Forderungen zuständig, sowie für die Prüfung von Anfechtuntgs- und Haftungsansprüchen.

Gläubigerausschuss

Der Gläubigerausschuss ist nach der Gläubigerversammlung das Aufsichts- und Kontrollorgan der Gläubiger zur Wahrung Ihrer Interessen. Der Gläubigerausschuss beaufsichtigt das Handeln des Eigenverwalters und der Sachwalters, weshalb er über die wesentlichen Themen und zu treffenden Entscheidungen vollumfänglich zu informieren ist. Der Gläubigerausschuss ist auch über den zwischen Eigenverwalter und Sachverwalter vereinbarten Modus der Zusammenarbeit (Geschäftsordnung) zu informieren. Darüber hinaus werden im Gläubigerausschuss die wesentlichen Entscheidungen getroffen, wie etwa die Erstellung eines Insolvenzplans und bzw. oder die Durchführung eines Investorenprozesses.

Insolvenzplan und / Übertragene Sanierung

Der Insolvenzplan ist regelmäßig darauf gerichtet, den Rechtsträger zu erhalten und ihn zu entschulden. Das ist vor allem dann vorteilhaft gegenüber der sanierenden Übertragung auf einen neuen Rechtsträger, wenn wichtige Vertragsbeziehungen oder Lizenzrechte bestehen, die nicht ohne MItwirkung des Vertragspartners auf einen neuen Rechtsträger übertragen werden können.

Kerngedanke der Regelungen über den Insolvenzplan ist, dass die Verwertung der Masse, deren Verteilung sowie die Haftung des Schuldners abweichend geregelt werden können. Hier können Lösungen erarbeitet werden, die nicht den Verkauf der Vermögensgegenstände vorsehen und oftmals mit einer Zerschlagung des operativen Bereichs einhergehen. Möglich sind etwa Zahlungen aus zukünftigen Gewinnen, Ratenzahlungsvereinbarungen, Forderungsverzichte, Besserungsscheine, etc. Nach Aufhebung des Planverfahrens entfällt der Insolvenzbeschlag und die alten Führungs- und Eigentümerstrukturen leben wieder auf, wenn Sie nicht umgestaltet worden sind. Das Unternehmen kann dann wieder uneingeschränkt selbständig ohne gerichtliche Aufsicht wirtschaften.

Bei der Abwägung zwischen Insolvenzplan oder übertragener Sanierung treten häufig die nicht deckungsgleichen Interessen von Gläubigern und Gesellschaftern zutage. Die Gesellschafter werden häufig das Insolvenzplanverfahren vorzugswürdig finden, weil es den Unternehmensträger erhält und damit auch die Werthaltigkeit der Geschäftsanteile. Im Rahmen des Insolvenzplanes muss daher in einer Vergleichsrechnung dargelegt werden, dass die Gläubitger durch den Insolvenzplan nicht schlechter gestellt werden als sie ohne Insolvenzplan stünden. Ob im konkreten Fall parallel zum angestrebten Insolvenzplan ein M & A Prozess durchgeführt werden muss, um eine belastbare Grundlage für die Vergleichsrechnung zu haben oder ob eine Unternehmensbewertung ausreichend ist, hängt vom Einzelfall ab und ist mit dem Sachwalter und dem Gläubigerausschuss abzustimmen.